Es ist das gleiche Kreuz, das schließlich auf dem Altar steht, wenn die Gemeinde in den „Großen Fürbitten“ die Anliegen der Kirche und der gesamten Welt vor Gott trägt.
Die Stellen, an denen das Kreuz bei der Liturgie am Karfreitag um 15.00 Uhr Schritt für Schritt enthüllt wird, sind die gleichen Stellen, an denen nach dem Tag der Grabesruhe in der Osternacht das Licht der Osterkerze den Christen gezeigt und mit dem „Lumen Christi“ festlich besungen wird. Schon diese beiden Hinweise machen deutlich, dass die Feier das Karwoche eigentlich eine große Liturgie ist, in dem die Gottesdienste am Palmsonntag, an den Kartagen und schließlich in der Osternacht sowohl von ihren Symbolen her als auch von dem Geheimnis, das in diesen Zeichen gefeiert wird, in einem tiefen inneren Zusammenhang stehen.
Dabei feiern Christen diese Tage nicht einfach nur als Rückblick und Erinnerung auf die Ereignisse, die vor fast 2000 Jahren in Jerusalem geschehen sind. Christen gehen bis heute im Kreuzweg und in den Gottesdiensten vom Palmsonntag bis zum Osterfest den Weg Jesu mit, weil sie daran glauben, dass in Jesus Gottes Liebe sichtbar geworden ist als eine Liebe, die sich ganz an die Menschen verschenkt… „bis zum Tod am Kreuz“ und durch das Kreuz den Tod überwindet. Gleichzeitig ist der Blick auf den Weg Jesu immer auch ein Blick auf die Grunderfahrungen des eigenen Lebens im Jahr 2015. Auch heute ist das Leben der Menschen ausgespannt zwischen Jubel und Verlassenheit, ausgespannt zwischen Angst (wie am Ölberg) und Erfahrungen von intensiver Gemeinschaft (wie beim Abendmahl), ausgespannt zwischen Treueschwören und dem Erleben von Davonlaufen, Verleugnung und Verrat, ausgespannt zwischen der Hoffnung auf Leben und der Erfahrung von Unrecht, Leiden und Tod.
Im Weg der Karwoche blicken Christen deshalb nicht nur erinnernd auf die letzten Tage Jesu, sondern auch auf ihr eigenes Leben. In den Erfahrungen dieser Tage finden glaubende Menschen eine Deutung und damit eine Kraftquelle für ihr eigenes Leben, Leiden und Sterben und einen Grund für die Hoffnung, die im Angesicht des Todes nicht verzweifelt, sondern sich ausstreckt auf ein Wiedersehen im österlichen Leben, das Gott schenkt.
So laden wir alle Gläubigen in der Pfarrgemeinde St. Martinus und Ludgerus zur Mitfeier der Gottesdienste und Gebetszeiten in der Karwoche ein und hoffen, dass sie darin Trost, Kraft und Hoffnung für ihren eigenen Lebensweg finden.
Wilhelm Buddenkotte, Pfarrer